Ein Zeitzeugnis unter Hecken und Wällen: 1994 stießen Bauarbeiter in Castrop-Rauxel während der Erschließung eines neuen Baugebiets zwischen Freiheitsstraße, Wartburgstraße und dem Rhein-Herne-Kanal unerwartet auf massive Mauerreste, die sich direkt unter der Oberfläche befanden. Wie sich bald herausstellte, handelte es sich um die Reste der vor über 200 Jahren abgerissenen Henrichenburg, die dem nördlichen Stadtteil von Castrop-Rauxel den Namen gab.
Kronjuwel mit wechselvoller Geschichte
Direkt an der Emscher gelegen, war die Burg Henrichenburg einst das Kronjuwel an der Südgrenze des Vestes Recklinghausen. Ein Ort strategischer Bedeutung, dessen Ursprünge bis ins Jahr 1263 zurückreichen, als ein gewisser Ritter Arnold von Henrichenburg die Grundfesten dieser Wasserburg legte. Doch ihre Geschichte war gekennzeichnet von wechselnden Herren und adligen Familien, die über Jahrhunderte hinweg die Geschicke und das Aussehen der Anlage lenkten und änderten. Jede von ihnen hinterließ Spuren, Geschichten und Geheimnisse in den dicken Mauern der Burg.
Adelige Burgherren
Seit der ersten Erwähnung der Burg im Jahr 1263 gab es viele verschiedene Burgherren. Ein gewisser Ritter Arnold von Henrichenburg residierte zunächst in dieser strategisch bedeutenden Wasserburg an der Südgrenze des Vestes Recklinghausen. Über die Jahrhunderte wechselte die Burg mehrfach ihre Besitzer, gelangte in den Besitz einflussreicher Adelsfamilien wie den von Uhlenbrocks, von Gysenbergs und von Westerholts. 1775 veräußerte schließlich Freiherr von Boenen die gesamte Anlage samt den Ländereien an die Fürstäbtissin Franziska Christine von Essen. Diese entschied sich dafür, den Grundbesitz in den von ihr gegründeten Waisenhausfonds in Essen-Steele zu überführen, wo er bis 1993 verblieb. Erst in diesem Jahr erwarb die Stadt Castrop-Rauxel genau jenen Ort, an dem einst die Henrichenburg stand.
Verblasste Pracht und Abriss
Die Pracht der ursprünglich stolzen Burg verblasste im Laufe der Zeit. Der ehemals tiefe Burggraben füllte sich mit Müll und Laub, die vielen Umbauarbeiten hinterließen Bauschäden, und am Ende des 18. Jahrhunderts war von der Burg nur noch eine baufällige Ruine übrig. Das kostbare Geschirr – darunter Löffel aus Zinn, feinste Gläser aus Italien, Steingutgeschirr aus England sowie Porzellan aus China und Meißen – fand seinen traurigen Weg in den Grabenschlamm, während Baumaterial für das neue Gutshofgebäude jenseits des damaligen Emscherlaufes genutzt wurde. So versank die einst prunkvolle Anlage letztlich in Vergessenheit, bis sie im Jahr 1787 gänzlich niedergerissen wurde.
Der landschaftsarchäologische Park
Als Bauarbeiter im Jahre 1994 bei Erschließungsarbeiten auf die Überreste der Burg stießen, offenbarte sich ein Schatz an historischen Funden. Massive Mauerreste tauchten unter dem Mutterboden auf. Die Stadt Castrop-Rauxel erkannte schnell die Bedeutung dieses Fundes und beschloss, das Erbe der Burg zu bewahren. Ein landschaftsarchäologischer Park entstand im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscher Park 1998/99, der die einstige Pracht der Burg wieder aufleben lässt. Heute können Besuchende zwischen Hecken als "grüne Mauern" wandeln, während die Nachbildungen der Gebäude und Türme die Geschichte in einer einzigartigen Weise lebendig halten. Hecken und säulenförmige Bäume zeichnen die Umrisse der einstigen Anlage nach, während unter ihren Wurzeln die Fundamente ruhen, die Zeugen einer längst vergangenen Ära sind.
Eintauchen in die Vergangenheit
Der Landschaftsarchäologische Park Henrichenburg ist ein identitätsstiftender Ort für die Henrichenburger und ein beliebter Zwischenstopp für einen Ausflug am Kanal. Die Stadt Castrop-Rauxel gestaltete auf den gefundenen Fundamenten ein neues Burgplateau, das die historische Differenzierung zwischen Vor- und Hauptburg widerspiegelt. Ein historisch inspirierter Hauptzugang von Südosten führt über ein Baumtor an der Freiheitsstraße zu einem Steg, der über die ehemalige Gräfte zur Vorburg führt. Durch dichte Heckenmauern und Baumtürme können Besucher die Burgräume durchschreiten und die Geschichte lebendig werden lassen. Hinter der Vorburg erhebt sich die Hauptburg, umgeben von weiteren Gräften. Hinweistafeln bieten Kurzinformationen zur historischen Henrichenburg sowie zur Entstehung des Parks.